Polizei Schweiz
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Kantonsangestellter wegen Betrug angeklagt

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen ehemaligen Angestellten des Finanzdepartements des Kantons St. Gallen und der St. Galler Pensionskasse erhoben.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, durch rechts- und pflichtwidrige Verwaltung von Vorsorgevermögen seine ehemaligen Arbeitgeber und die Fondsleitung am Vermögen geschädigt und sich selbst unrechtmässig bereichert zu haben.

Die BA wirft dem ehemaligen Beamten mit Schweizer Staatsbürgerschaft mehrfache ungetreue Amtsführung (Art. 314 des Schweizerischen Strafgesetzbuches [StGB]), mehrfache qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 + 3 StGB), eventualiter mehrfaches Vergehen gegen das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Art. 76 al 6 + 7 BVG), einen schweren Fall von Ausnützen von Insiderinformationen sowie versuchtes, mehrfaches Ausnützen von Insiderinformationen (Art. 154 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 Finanzmarktinfrastrukturgesetz [FinfraG] bzw. Art. 40 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 Börsengesetz [BEHG] [1]) und mehrfache Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 StGB) vor.

Angeklagte Sachverhalte

Zusammengefasst wird dem Beschuldigten folgendes zur Last gelegt: Der Beschuldigte war von 2003 bis 2014 für das Finanzdepartement des Kantons St. Gallen und von 2014 bis 2018 für die St. Galler Pensionskasse tätig.

In beiden Funktionen war er als Portfoliomanager für die Bewirtschaftung von Vorsorgegeldern der zweiten Säule der Angestellten des Kantons St. Gallen zuständig.

Auf der Grundlage eines Anlagekonzepts und von Anlagerichtlinien konnte er die Anlagestrategie des durch ihn verwalteten Fonds eigenverantwortlich umsetzen. Er konnte somit selbstständig und ohne Rücksprache mit weiteren Stellen über den Auf- und Abbau von Aktienpositionen entscheiden, ebenso über die einzelnen Parameter der entsprechenden Transaktionen, beispielsweise über deren Zeitpunkt und Umfang.

Gemäss Anklageschrift stimmte der Beschuldigte von 2008 bis 2018 rechts- und pflichtwidrig seine privaten Aktientransaktionen auf die von ihm amtlich getätigten Aktientransaktionen ab. Mittels dieses sogenannten «Frontrunnings» eröffnete er beispielsweise wenige Tage vor oder am Tag der Ordererteilung der von ihm verwalteten Fonds private Aktienpositionen.

Infolge der Order der Fonds stellte sich daraufhin eine Kursveränderung ein, was es dem Beschuldigten ermöglichte, beim anschliessenden Verkauf der privaten Positionen in der Regel einen Gewinn zu realisieren. Dieser abgestimmte Handel mit den jeweils gleichen Aktien erfolgte in der Absicht, vertrauliches Wissen zum eigenen Vorteil auszunutzen und sich so einen widerrechtlichen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Mit Hunderten von anklagerelevanten Transaktionen realisierte der Beschuldigte so private Gewinne in der Höhe von CHF 3.116 Mio., welche er seinen ehemaligen Arbeitgebern sowie der Fondsleitung hätte offenlegen müssen und welche diesen zugestanden hätten.

Der Vorwurf der Geldwäscherei resultiert aus dem Umstand, dass der Beschuldigte durch die Nichtdeklaration der rechts- und pflichtwidrig erlangten Vermögenswerte gegenüber den Steuerbehörden sowie durch zahlreiche Barbezüge die Sicherstellung, Beschlagnahme und Einziehung dieser Gelder durch die Strafverfolgungsbehörden erschwert hat.

Neue Zusammenarbeitsform zwischen Bund und Kantonen

Diese Anklage und das Strafverfahren gehen zurück auf eine Anzeige der Finanzmarktaufsicht FINMA gegen den Beschuldigten vom Dezember 2017 beim Untersuchungsamt des Kantons St. Gallen. Weil die Staatsanwaltschaft St. Gallen den Anschein jeglicher Vorbefassung vermeiden wollte, wurde im Januar 2018 die auf die Strafverfolgung im Bereich der Wirtschaftskriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft lll des Kantons Zürich mit der Einsetzung von zwei ausserordentlichen Staatsanwälten zwecks Verfahrensleitung für den Kanton St. Gallen betraut. Das Strafverfahren wurde im April 2018 formell eröffnet.

Im Verlauf der Untersuchung zeigte sich, dass das Verfahren dazu geeignet sein könnte, eine erstmalige Rechtsprechung in Bezug auf die in der rechtlichen Lehre und Praxis ungeklärte Frage zu erwirken, ob und inwiefern das sogenannte «Frontrunning» als Insiderhandel zu bewerten ist.

Da die Verfolgung und Beurteilung von Insiderhandel zwingender Bundesgerichtsbarkeit unterstehen, wurde das Strafverfahren im April 2020 von der BA übernommen. Im Sinne der Prozessökonomie und um eine mit dem beträchtlichen Einarbeitungsaufwand verbundene Verfahrensverzögerung zu vermeiden, wurden die verfahrensleitenden Staatsanwälte jedoch gleichzeitig von der BA als ausserordentliche Staatsanwälte des Bundes eingesetzt.

So konnte die bisherige Verfahrensleitung das Verfahren unter Bundeszuständigkeit weiterführen. Damit steht das Verfahren auch für eine neue Koordinations- und Zusammenarbeitsform der Verfahrensführung zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Kantone.

Hinweise im Zusammenhang mit der Anklageerhebung

In ihrer Anklage stellt die BA den Strafantrag von vier Jahren. Für den Beschuldigten gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung. Mit Einreichung der Anklage ist das BStGer für weitere Informationen zuständig.

Bundesanwaltschaft

  Redaktion Polizei-Schweiz       27 Juli, 2022 10:51