Polizei Schweiz
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St. Gallen: Informationen im Fall Ylenia

Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hat zusammen mit der Kantonspolizei St. Gallen zur heutigen Medienkonferenz eingeladen, um ein Versprechen, welches noch im September 2007 abgegeben worden ist, einzulösen. Es wurde damals in Aussicht gestellt, daß die Öffentlichkeit über die genaue Todesursache von +Ylenia Lenhard informiert wird, sobald die vollständigen Untersuchungsergebnisse vorliegen und analysiert sind.

Aus diesem Grund treten wir heute nochmals vor die Medien, sagt die Kantonspolizei St. Gallen zusammen mit der Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig ist diese Medienkonferenz als Abschluß der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der Freiheitsberaubung, Entführung und Tötung von +Ylenia Lenhard und dem Strafverfahren gegen +Urs Hans von Aesch zu verstehen, heißt es weiter.

Die intensive Medienarbeit im Zusammenhang mit dem tragischen Verbrechen an +Ylenia Lenhard hatte ihren Ursprung darin, daß ein Kind vermißt wurde und dieses unter allen Umständen so schnell wie möglich gefunden werden mußte. Die Polizei, welche für die Vermißtensuche verantwortlich ist, war bei der Suche nach +Ylenia auf die Mitwirkung der Bevölkerung dringendst angewiesen.

Entsprechend mußte die Öffentlichkeit über die Ermittlungsarbeit fortlaufend informiert werden. Die Polizei gelangte u.a. mit konkreten Fragen an die Bevölkerung, so am 1.8.2007 im Zusammenhang mit Gegenständen von +Ylenia, am 2.8.2007 im Zusammenhang mit dem weißen Kastenwagen. Am 10.8.2007 wurden gar die Besitzer von Ferienhäusern, Alphütten und dergleichen aufgefordert in ihren Gebäuden Nachschau zu halten. Man hoffte, +Ylenia lebend in einem Versteck zu finden. Leider vergeblich.

Aufgrund des Todes des mutmaßlichen Täters +Urs Hans von Aesch trat demgegenüber die strafrechtliche Aufarbeitung des ganzen Komplexes, die grundsätzlich unter Beachtung des Amtsgeheimnisses zu erfolgen hat, in den Hintergrund.

Die engen Schranken des Amtsgeheimnisses, welche für die Strafverfolgungsbehörden bei der Öffentlichkeitsinformation über laufende Strafverfahren grundsätzlich zu beachten sind, mußten und durften in der ersten Phase zugunsten einer umfassenden und effizienten Suche nach einem vermißten Kind gesprengt werden. Heute hingegen hat sich die Staatsanwaltschaft sowohl aus Gründen des Opferschutzes, d.h. im Interesse der Hinterbliebenen von +Ylenia als auch vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung betr. einen mutmaßlichen Täter, der infolge seines Todes nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann, bei der Preisgabe von Informationen und Wertungen der Erkenntnisse wieder engere Beschränkungen aufzuerlegen. Wir bitten Sie, das bei den folgenden Ausführungen zu bedenken.

Erkenntnisse zur Tat
Nach der langen Liegezeit des Körpers von +Ylenia Lenhard konnten wichtige Spuren nicht bzw. nicht mehr gesichert werden. Was der mutmaßliche Täter +Urs Hans von Aesch letztlich genau mit +Ylenia gemacht hatte, konnte nicht restlos geklärt werden. Da sich +Urs Hans von Aesch durch Suizid seiner strafrechtlichen Verantwortung entzog, bleiben auch die Beweggründe für seine Tat weitgehend im Dunkeln.

Nach der letzten Medienkonferenz führte die Mitteilung, daß am Körper von +Ylenia keine Spuren einer gewaltsamen Einwirkung festgestellt werden konnten, teilweise zu Mißverständnissen. Dieses Fehlen von mit naturwissenschaftlichen Mitteln am Körper nachweisbaren Spuren bedeutet nicht, daß keine Gewalteinwirkung stattgefunden hat. Wir müssen davon ausgehen, daß +Ylenia von der Strasse weg gewaltsam und gegen ihren Willen entführt wurde. Auch die Betäubung des Kindes durch eine für diese fremde Person konnte nach der allgemeinen Lebenserfahrung nur gewaltsam und gegen den Willen des Kindes erfolgen. Es steht unzweifelhaft fest, daß mit dem Mittel der Gewalt ein verabscheuungswürdiges Verbrechen begangen wurde.

Weiter spricht alles dafür, daß +Urs Hans von Aesch der Täter ist.

Es stellt sich die Frage: Gab es weitere Beteiligte?
Die Kontakte von +Urs Hans von Aesch vor der Tat wurden umfassend und lückenlos ausgewertet und überprüft. Es ergaben sich daraus keinerlei Hinweise, daß weitere Personen an der Entführung von +Ylenia beteiligt waren. Ferner wurden sowohl das Fahrzeug als auch die Kleider von Opfer und Täter umfassend spurenkundlich ausgewertet. Es ergaben sich auch daraus keinerlei Hinweise auf die Anwesenheit von weiteren Personen am Tatort bzw. im Renault Traffic.

Mutmaßungen in den Medien, daß +Urs Hans von Aesch für einen Kinderhändlerring oder in einem Pädophilenring im Internet aktiv gewesen sei, haben somit keinen irgendwie belegbaren Hintergrund. Verschiedene Aufnahmen von spielenden Kindern, in der Regel in Badebekleidung an einem Strand, welche anläßlich der Hausdurchsuchung in Spanien sichergestellt wurden, lassen hingegen auf eine pädophile Neigung schließen. Die Untersuchungen ergaben aber keine Anhaltspunkte, daß +Urs Hans von Aesch eine allfällige pädophile Neigung bislang auch ausgelebt hat.

Vorbereitungshandlungen
+Urs Hans Von Aesch plante eine Straftat über mehrere Wochen hinweg, nachdem seine Ehefrau am 9. Juli 2007 nach Spanien zurück gereist war. Bereits am 10. Juli 2007, um 14:48 Uhr erwarb er im Glattzentrum Glattbrugg den Nitroverdünner, den er bei der Entführung von +Ylenia verwendete. Am 11. Juli 2007, um 18:39 Uhr kaufte er in Zürich im Letzipark eine Schwanenhalsschaufel und eine Nestsäge. Die Schaufel wurde anläßlich der ersten Suchaktion im Hartmannsholz unweit des Kickbretts von +Ylenia aufgefunden. Die Nestsäge wurde anlässlich der Suchaktion im erweiterten Bereich des Leichenfundortes von +Urs Hans von Aesch in Billwil gefunden. Die auf derselben Einkaufsquittung erscheinenden weiteren Werkzeuge, eine Grabgabel und ein Kreuzpickel, hatte +Urs Hans von Aesch bei einem Verwandten deponiert.

Es muß davon ausgegangen werden, daß +Urs Hans von Aesch entweder am 12. oder am 23. Juli 2007 aus seinem Schrankfach bei der Thurgauer Kantonalbank in Frauenfeld den Revolver Smith & Wesson entnahm, mit welchem er am 31. Juli 2007 auf einen Mann schoß.

Ab dem 16. Juli 2007 sind Aufenthalte von +Urs Hans von Aesch in der Ostschweiz nachgewiesen. Aufgrund der ausgewerteten Bilder seiner Digitalkamera ist erstellt, daß er in 3 Fällen junge Mädchen in den Kantonen St. Gallen und Zürich fotografierte.

Bereits aus Spanien mitgebracht wurde ein selbstgebastelter Schußapparat sowie ein Pfeffersprüh und ein Elektroschockgerät. Auch das Mitführen von Klebeetiketten, bestehend aus einzelnen Buchstaben und Zahlen, wie man sie zum Abändern eines Fahrzeugkontrollschildes verwenden kann, legen nahe, daß +Urs Hans von Aesch die Begehung einer Straftat plante.

Tatablauf
+Ylenia Lenhard verließ am 31. Juli 2007 ca. um 09:00 Uhr ihren Wohnort und wurde anschließend um ca. 09:20 Uhr beim Hallenbad in Appenzell entführt. Mit ihr verschwanden ihr "kick board", ihr Rucksack und ihr Helm. Der Bademeister und eine Zeugin bemerkten das Mädchen, als dieses ein tags zuvor im Hallenbad vergessenes Shampoo abholte.

+Urs Hans von Aesch dürfte sich schon wenige Minuten vor dieser Zeit im Freien beim Eingangsbereich des Hallenbades aufgehalten haben. Auf seiner Digitalfotokamera befanden sich Bilder, die diesen Schluß nahe legen. Die Anwesenheit einer fotografierenden männlichen Person zu dieser Zeit wird auch von Zeugen bestätigt.

Zudem soll sich laut Zeugen an besagtem Morgen auf dem Hallenbadparkplatz ein parkierter weißer Renault Bus mit spanischen Kontrollschildern befunden haben. Den konkreten Entführungsvorgang bemerkte hingegen niemand.

+Urs Hans von Aesch führte am Tag der Entführung mehrere Waffen mit, so

  • eine selbstkonstruierte Schusswaffe, mit der er sich dann selbst richtete
  • einen Revolver, mit dem er dann im Hartmannswald auf den Zeugen schoss
  • ein Elektroschockgerät
  • und einen Pfefferspray.




Aufgrund der im Renault Traffic von +Urs Hans von Aesch gesicherten Spuren ist davon auszugehen, dass +Ylenia im Laderaum dieses Fahrzeuges transportiert wurde. Im Fahrzeug konnte zudem zu einer Fesselung geeignetes Material sichergestellt werden, an welchem sich DNA von +Urs Hans von Aesch und +Ylenia nachweisen liessen.

Wo sich +Urs Hans von Aesch mit dem Fahrzeug und der entführten +Ylenia in der Zeit zwischen 09:20 und ca. 13:00 Uhr aufhielt, ist unklar. Keine sicheren Angaben sind darüber möglich, auf welchem Weg +Urs Hans von Aesch von Appenzell nach Oberbüren gelangte. Gesichert erscheint um 09:40/45 Uhr die Fahrt über die sich zwischen den Ausserrhoder Gemeinden Stein und Niederteufen befindliche "Schwanenbrücke".

Es konnte ermittelt werden, dass sich +Urs Hans von Aesch bereits vor der Tat an mehreren Tagen in Appenzell aufgehalten hatte. Konkret am 17., 18., 19. und 20. Juli 2007. Es ergaben sich keinerlei Hinweise, dass +Urs Hans Von Aesch bereits vor dem Entführungszeitpunkt mit +Ylenia in irgendeiner Form Kontakt hatte.

Bezüglich der Entführung von +Ylenia gingen beim Polizeikommando Appenzell Innerrhoden ungefähr 1100 Hinweise ein.

Ermittlung der Todesursache
Die Untersuchungen des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes der Kantonspolizei St. Gallen sind in Bezug auf +Ylenia abgeschlossen. Es können nachfolgende Fakten angeführt werden:

Gemäss einem Verkaufsbeleg aus dem Besitze des +Urs Hans von Aesch wurde am 10. Juli 2007, 14:48 Uhr in einer Apotheke im Glattzenter eine Flasche Nitroverdünner gekauft.

Anlässlich einer polizeilichen Suchaktion vom 1. August 2007 wurde 1 Flasche Nitroverdünner aufgefunden. Bei dieser sichergestellten Nitroverdünnerflasche handelt es sich um eine vergleichbare Flasche wie bei der Vergleichsflasche aus der Apotheke im Glattzentrum. Die Inhalte der Fund-Nitroverdünnerflasche sowie der Vergleichsflasche wurden analytisch, mittels Gaschromatographie und Massenspektrometrie und den Gewebeproben von +Ylenia gegenübergestellt.

In der Gasphase der Gewebeproben von +Ylenia konnten dieselben Lösungsmittelkomponenten wie in der Vergleichsprobe bzw. dem Fundgut festgestellt werden. Die im vorliegenden Fall festgestellte Übereinstimmung spricht in hohem Masse dafür, dass der in der Gewebeprobe nachgewiesene Nitroverdünner mit demjenigen in der aufgefundenen Flasche und dem in der erwähnten Apotheke erhältlichen Produkt identisch ist.

Spurenkundlich steht fest, dass +Ylenia Kontakt mit dem Laderaum des Fahrzeugs, Renault Traffic, von +Urs Hans von Aesch hatte.

Institut für Rechtsmedizin am Kantonsspital St. Gallen
Die forensisch-medizinischen Untersuchungen des Instituts für Rechtsmedizin St. Gallen sind abgeschlossen. Die Untersuchungen des Leichnams und die im Anschluss durchgeführten chemisch-toxikologischen, genetischen und feingeweblichen Untersuchungen haben Folgendes ergeben:
+Ylenia Lenhard ist infolge einer Toluol-Vergiftung verstorben; in sämtlichen durch uns untersuchten Gewebs-Proben konnte Toluol in hoher bis sehr hoher Konzentration nachgewiesen werden.

Toluol wirkt stark narkotisierend und ist als organisches Lösungsmittel u.a. in Nitroverdünner enthalten; im sichergestellten Nitroverdünner konnte Toluol in grosser Menge nachgewiesen werden. Sämtliche Ergebnisse sprechen dafür, dass das Toluol über den Mund eingenommen wurde. Unter welchen Umständen dem Mädchen das Toluol verabreicht wurde, ist unklar.

Auch bei den weiterführenden Untersuchungen fanden sich keine Hinweise darauf, dass +Ylenia Lenhard zu Lebzeiten einer erheblichen Gewalteinwirkung ausgesetzt bzw. Opfer einer sexuellen Ausbeutung war.

An dieser Stelle möchte ich nochmals klar darauf hinweisen, dass das Nichtvorhandensein von Verletzungen keinesfalls ausschliesst, dass vorgängig ein sexueller Missbrauch in Form von Berührungen stattgefunden hatte.

Weiterführende ereignisrekonstruktive Schlüsse können aufgrund des grossen Zeitintervalls zwischen Todeseintritt und Auffindung bzw. des Zustands des Leichnams aus forensisch-medizinischer Sicht nicht gemacht werden.

Erkenntnisse betr. Tat und Täter
Auch wenn rechtsmedizinisch ein sexueller Missbrauch von +Ylenia nicht festgestellt worden ist, schliesst diese Erkenntnis ein sexuelles Motiv nicht aus. Dies wurde bereits in der Medienkonferenz vom 18. September 2007 erklärt, jedoch nicht in allen Teilen in der notwendigen Differenzierung berichtet. Berührungen oder weitergehende Handlungen, die keine gröberen Spuren hinterliessen, hätten aufgrund der langen Lagezeit nicht festgestellt werden können. Andererseits hätte auch ein unvorhergesehenes Ereignis, wie beispielsweise der aus Sicht des Täters vorzeitige Tod des Opfers, verhindern können, dass dieser seine eigentlichen Absichten in die Tat umsetzen konnte.

Mögliche Hinweise auf einen sexuellen Hintergrund können im Entkleiden des Opfers gesehen werden. Hierfür kann es aber auch andere Gründe geben wie beispielsweise die Beseitigung der Kleider als potentielle Spurenträger, welche Hinweise auf die Täterschaft geben können. Da die Kleider jedoch in den Rucksack des Opfers gepackt und an einem Platz deponiert wurden, wo +Urs Hans von Aesch von ihrer Auffindung ausgehen konnte, erfolgte das Entkleiden des Opfers wohl eher nicht zur Spurenbeseitigung. Das sorgfältige Verpacken der Kleider lässt immerhin auf eine geplante und keine überstürzte Handlung schliessen.

Das Entkleiden des Opfers sowie weitere Indizien sprechen für eine sexuell motivierte Tat. Sie ändern jedoch nichts daran, dass im Fall +Ylenia mit Ausnahme des Entkleidens des Opfers keine konkreten sexuellen Handlungen nachgewiesen werden können.

Dem Ausleben pädophiler Neigungen stehen Aussagen aus dem persönlichen Umfeld des Täters entgegen. +Urs Hans von Aesch wird da als freundlich, zuvorkommend und liebenswürdig beschrieben. Aber auch, dass er schon immer ein komischer Typ gewesen sei. Hinweise auf pädophile Neigungen bei +Urs Hans von Aesch wurden in diesem Personenkreis nicht nur nicht bemerkt, sondern in Abrede gestellt.

Dass +Urs Hans von Aesch pädophile Neigungen hatte, geht allerdings aus den in Spanien sichergestellten Kinderfotos am Strand hervor. Diese scheinbar zufälligen Bilder von bekleideten, spielenden Kindern zeigen eine Fixierung des Fotografen auf Brust- und Pobereich der Kinder. Dass +Urs Hans von Aesch diese pädophile Neigung gezielt – auch vor seiner Ehefrau – verbarg, geht aus entsprechenden handschriftlichen Notizen in englischer Kurzschrift hervor. Es bereitete der Polizei erheblichen Aufwand, hinter den Wortlaut dieser Stenonotizen zu kommen.

Nach den vorausgegangenen Ausführungen stellt sich die Frage, ob der Tod von +Ylenia hinsichtlich des Zeitpunktes für +Urs Hans von Aesch nicht unerwartet früh eintrat. Dass der Verdächtigte töten wollte, muss aufgrund seiner Bewaffnung und des beschafften und mitgeführten Grabwerkzeuges angenommen werden.

Wie wir gehört haben, ist davon auszugehen, dass der Nitroverdünner (Toluol) zur Betäubung von +Ylenia verwendet wurde und diese Verwendung aufgrund der festgestellten Konzentration im Körper des Opfers auch die Todesursache ist. Dass die letale Dosis des Toluols für den Täter erkennbar war, ist hingegen eher unwahrscheinlich. Dass durch dieses Ereignis ein weitergehender Missbrauch des Kindes verhindert wurde, kann weder bewiesen noch widerlegt werden.

+Urs Hans von Aesch hat sich vor seinem Suizid telefonisch von Verwandten und Bekannten verabschiedet und dabei sinngemäss jeweils erwähnt, dass etwas schief gelaufen ist bzw. er einen Blödsinn gemacht habe. Ob sich diese Aussage auf den Tod von +Ylenia bezieht oder eher auf die fehlgeschlagene Beseitigung des vermuteten Tatzeugen kann nicht geklärt werden.

Fest steht, dass hier ein ausgesprochen gefährlicher, berechnender und kaltblütiger Täter am Werk war. Er trug beim Vergraben von +Ylenia im Hartmannswald den Revolver griffbereit auf sich. Seine ganze Kaltblütigkeit zeigte +Urs Hans von Aesch beim Zusammentreffen mit dem 46-Jährigen unmittelbar nach dieser Tätigkeit. Er war durch den wahrscheinlich unbeabsichtigt frühen Tod seines Opfers keineswegs verwirrt oder aufgewühlt. Zumindest äusserlich ruhig und unauffällig verwickelte er den möglichen Zeugen seiner Tat in ein belangloses Gespräch, um dann plötzlich den Revolver zu ziehen und auf das arglose Opfer zu schiessen. Bereits vor dem Zusammentreffen mit dem Zeugen muss +Urs Hans von Aesch das Fesselungsmaterial, an dem DNA-Spuren von +Ylenia gefunden wurden, wieder fein säuberlich im Kastenwagen aufgehängt haben. Nach den Schüssen auf den Zeugen fuhr er fluchtartig mit dem Kastenwagen aus dem Hartmannswald weg, um unmittelbar danach den Rucksack inkl. den zusammen gelegten Kleidern und den Fahrradhelm von +Ylenia an einer exponierten Stelle bei einem Wegkreuz zu deponieren.

Aufgrund der Spuren liegt nahe, dass +Urs Hans von Aesch vor den Schüssen auf den 46-Jährigen gerade dabei war, das Kickboard von +Ylenia zu vergraben. Vor diesen Schüssen wollte er folglich noch Spuren beseitigen. Dies deutet darauf hin, dass der nachfolgende Suizid von +Urs Hans von Aesch im Zusammenhang mit der erfolgreichen Flucht des 46-Jährigen gesehen werden kann.

Weitere Polizeiarbeit
Mit der Eröffnung der Ergebnisse der kriminalpolizeilichen Fachdienste, vor allem des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes am 5. November 2007 gegenüber der Staatsanwaltschaft sind die kriminalpolizeilichen Ermittlungen zur Entführung und Tötung von +Ylenia weitgehend abgeschlossen. Insgesamt sind alleine bei der Kantonspolizei St. Gallen über 2000 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Konkrete weitere Erkenntnisse sind nicht mehr zu erwarten. Weitergeführt werden die polizeilichen Abklärungen im Rahmen der SOKO-Rebecca zu den vermissten Kindern in der Schweiz. Gegen +von Aesch hat sich indes bislang kein weiterer konkreter Tatverdacht ergeben. Zudem klärt die Polizei im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zusammen mit der Bundeskriminalpolizei und Interpol Lyon, ob +Urs Hans von Aesch mit weiteren Straftaten in Drittstaaten in Zusammenhang gebracht werden muss. Konkrete Erkenntnisse liegen bislang jedoch nicht vor.

Abschliessende Bemerkung
Ich habe Ihnen einleitend gesagt, dass wir mit der heutigen Medienkonferenz die Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der Freiheitsberaubung, Entführung und Tötung von +Ylenia und dem Strafverfahren gegen +Urs Hans von Aesch abschliessen. Die Ermittlungen gegen von Aesch sind abgeschlossen. Er lebt nicht mehr; das Verfahren gegen ihn wird eingestellt werden. Es wird dann auch formell erledigt sein.

An dieser Stelle möchte ich allen beteiligten Polizeidienststellen, dem Institut für Rechtsmedizin und allen an der Suche nach +Ylenia Beteiligten herzlich für ihre intensive und aufopferungsvolle Arbeit danken. Die Arbeit hat sie – vor allem während der Suche – bis an die Grenze der Belastbarkeit geführt, dies umso mehr, als sich niemand während der Arbeit der tragischen Dimension des Ganzen entziehen konnte. Leider konnte trotz des enormen Aufwandes nichts mehr für +Ylenia getan werden.

Für die Medien und die breite Öffentlichkeit werden die Verbrechen an +Ylenia abgeschlossen sein. Sie werden sich neuen Themen zuwenden. Die Medien haben die Öffentlichkeit über die Anliegen der Polizei informiert und die Bevölkerung hat intensiv und mit grosser Anteilnahme mitgeholfen, +Ylenia zu suchen und schliesslich auch zu finden. Dafür gilt es zu danken. Die Strafverfolgungsbehörden sind in solchen Situation auf eine seriöse Zusammenarbeit mit den Medien und der Bevölkerung angewiesen. Mit ihrer Berichterstattung lenken die Medien das Interesse der Bevölkerung und letztendlich auch Ressourcen der Polizei. Führt die Berichterstattung in eine falsche Richtung so ergibt sich daraus enormer Aufwand und letztlich Verlust an Ressourcen, Ressourcen die bitter notwendig wären. Zudem wird die Bevölkerung zusätzlich verunsichert, nicht davon zu sprechen, was in den Angehörigen abläuft, wenn unberechtigt Hoffnungen geschürt werden. Im vorliegenden Fall wurden diese Problematik und die daraus fliessende Verantwortung grösstenteils erkannt. Dort wo dies nicht der Fall war, wurde es bereits kommuniziert.

Für die direkt Betroffenen hingegen gibt es keinen Fall +Ylenia, der irgendwann abgeschlossen ist. Für die Angehörigen und Freunde gibt es den Menschen Ylenia, der durch ein grausames und nicht zu fassendes Verbrechen aus dem Leben gerissen worden ist. Dieser Verlust wird nie „abgeschlossen“ sein, wie die Medienberichterstattung oder das Strafverfahren. Wir sind uns dessen bewusst.

In der Todesanzeige stellt die Familie die Frage: „Warum musstest du schon sterben?“ Diese Frage wird nie beantwortet werden können, denn sie stösst in eine unendliche Sinnlosigkeit, die sich gedanklich nicht fassen lässt.

Wir müssen uns fragen, was wir dazu beitragen können, dass alle Kinder in dieser Gesellschaft unbehelligt aufwachsen können und nicht aus dem Leben gerissen werden wie +Ylenia. Darauf müssen wir unsere Kraft konzentrieren und daran müssen wir arbeiten, auf jeder Ebene und in allen Teilen der Gesellschaft.

  Redaktion Polizei-Schweiz       19 November, 2007 09:18